30.03.2009

Neues Deutschland 20.März 2009

Paul und Paula - ohne Paul
Regisseurin Tilla Kratochwil inszeniert brilliantes und eigenwilliges Solostück
Von Anouk Meyer


Eine Liebesgeschichte als Ein-Personen-Stück, kann das funktionieren? Erst recht, wenn es nicht um irgendein uraltes Beziehungsdrama geht, sondern um »Die Legende von Paul und Paula« und damit um das berühmteste Liebespaar des deutschen Ostens? Es kann. Mit Gitarre, Fotos und ein paar Puppen sang beziehungsweise plapperte sich Rike Schubert in der Rolle der alleinerziehenden Verkäuferin Paula auf Anhieb in die Herzen der Zuschauer; einen Paul vermisste man bei der Premiere in der Schaubude nicht.

Mit dem Soloabend »Paul und Paula – eine Legende« hat die Schauspielgruppe Theaterkosmos 53 ein kleines Wunder vollbracht. Keinen Moment lang sucht man den Vergleich mit dem Ost-Kultfilm von 1973, der trotz Riesenerfolgs nach wenigen Wochen verboten wurde. Trotz Puhdy-Hits und einer Darstellerin, die so selbstbewusst, frech und entschieden daherkommt wie Filmheldin Angelica Domröse, hat das Stück von Anfang an einen eigenen Charakter. Das liegt vor allem daran, dass Regisseurin Tilla Kratochwil nicht versucht hat, einen Film auf die Bühne zu heben, sondern Ulrich Plenzdorfs Geschichte einer unglücklichen Liebe sehr frei angegangen ist – ohne die legendäre Handlung zu verfälschen (was ihr das Publikum vermutlich übel genommen hätte).

In der Bühnenfassung steht allein Paula im Mittelpunkt, und das ist gut so. Rike Schubert, der die Rolle der eigensinnigen, lebenslustigen Getränkeverkäuferin wie auf den Leib geschneidert ist, singt den großen Puhdys-Hit »Geh’ zu ihr«, legt die Gitarre zur Seite und beginnt zu erzählen: von ihrem einfachen Leben in einer Wohnung mit Kohleofen und zwei Kindern, von ihrem untreuen Freund, den sie in flagranti ertappt und sofort hinaus schmeißt, und schließlich von Paul, der gegenüber wohnt und so ganz anders ist als sie: ein ehrgeiziger Funktionär, eher Kopf- als Bauchmensch.

Unglücklich in der Liebe ist er allerdings auch, da seine schöne Frau ihn betrügt, und als Paula beschließt, vor der geplanten Vernunftehe »noch ein Fass aufzumachen« und die beiden sich nachts in einer Disko treffen, gibt es kein Halten mehr. Zumindest bei ihr – er hingegen schwankt zwischen Gefühl und Vernunft. Bis ihm die Entscheidung abgenommen wird.

Erfrischend witzig und frei von der Leber weg schildert Rike Schubert als Paula die unglückliche Romanze zwischen zwei sehr verschiedenen Menschen, die den gleichen Traum verfolgen. Zur Veranschaulichung der Handlung werden Fotos auf eine Kühlschranktür geklebt, Puppen und Stofftiere ersetzen weiteres Schauspieler-Personal, und zwischendurch begleitet die Darstellerin sich selbst an der E-Gitarre. Auch wenn treue Fans des Kultfilms das gewohnte Siebziger-Jahre-Flair vermissen mögen - der ungewöhnliche Mix aus Theater, Livemusik und Puppenspiel macht einfach Spaß. Auch ohne Paul!



Wieder vom 21. bis 23. Mai, 20 Uhr, im Figurentheater Grashüpfer, Puschkinallee 16a, Treptow; Tel. 53 69 51 50

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